Die weltweite Textilindustrie ist leider ein sehr negatives Beispiel, wie Globalisierung eigentlich nicht ablaufen sollte, aber auch ein Beispiel dafür, wo jeder als Konsument aktiv werden kann. Um tiefer in dieses Thema einzusteigen, empfiehlt es sich, mit einer einfachen Fragen anzufangen:
Ein T-Shirt für 1 Euro? Kann das wirklich ein faires Produkt sein? Nein - ist die klare Antwort.
Was kostet eigentlich ein T-Shirt?
- Baumwolle muss angepflanzt werden
- Baumwolle muss geerntet und verarbeitet werden
- Stoff muss aus der Baumwolle hergestellt werden
- Ein T-Shirt muss genäht werden
- Farben werden benötigt
- Verpackungsmaterial
- Das T-Shirt muss vom Herstellungsort in Bangladesch, China oder wo auch immer zum Käufer in Europa kommen
- Der Händler, der das T-Shirt verkauft, will auch noch daran verdienen.
Ein T-Shirt für 1 Euro? Kann das wirklich ein faires Produkt sein? Nein - ist die klare Antwort.
"Aber das kann ich mir nicht leisen!"
Ja, fair gehandelte und biologisch erzeugte Kleidung ist deutlich teurer. Warum wird mit etwas Nachdenken hoffentlich klar. Es ist klar, dass diese Mehrkosten nicht für jeden problemlos zu bezahlen sind, aber trotzdem sollte jeder nachdenken: will ich Kleidung tragen, die von Menschen produziert wurden, die unter sklavenähnlichen Umständen schuften müssen? Die keine Gewerkschaften, keinen richtigen Urlaub kennen, die Giften und Schadstoffen am Arbeitsplatz ungeschützt ausgesetzt sind? Würde ich so arbeiten und leben wollen?Wer es sich leisten kann, sollte reagieren und sich nach fair erzeugten Produkten umschauen, die ausserdem möglichst auch ökologisch und nachhaltig produziert werden. Aber auch wenn es eng im Geldbeutel ist, kann man auf andere Weise reagieren:
Unter Umständen ist es auch eine Überlegung: brauche ich 3 T-Shirts - reicht im Moment vielleicht nicht eins? Oder wenn es mit dem Geld eng ist, vielleicht kann ich wenigstens bei einzelnen Kleidungsstücken bewusst darauf achten, was ich da eigentlich kaufe.
Aktiv werden kann jeder auch mit oder ohne Geld auf einer anderen Schiene: fragen Sie nach! Machen Sie Druck bei Herstellern und Geschäften. Auch dies bewirkt ein Umdenken. Wenn die Hersteller spüren, dass nicht mehr jede Ausbeutung gewünscht und akzeptiert wird, gibt es Reaktionen und Veränderung.
Die Frage ist wie so oft: was will ich eigentlich? Aber wenn ich will, dass es anders wird: muss eins klar sein: weitermachen wie bisher und genauso wenig wie bisher zahlen, klappt nicht. Warum? Weil das ganze System dahinter auf Ausbeuterei, Umweltverschmutzung und Raubbau beruht und nicht fair ist.
"Aber diesen 'Öko-Look' mag ich überhaupt nicht!"
Nun ja, Mode ist immer Geschmackssache - aber die Zeiten, in denen viele ökologisch produzierte Kleidungsstücke aussahen, als würden sie der Flowerpower Hippie-Zeit der 60er Jahre entstammen, sind wirklich schon lange vorbei (das soll überhaupt nichts gegen diesen Stil sagen - ein jeder möge anziehen, was er oder sie mag, aber die Geschmäcker sind einfach verschieden ;-)Wenn man sich die Mühe macht, etwas zu recherchieren, findet man heute Kleidungsstücke, die nahezu jedem aktuellen Mode-Trends folgen, trotzdem aber nachhaltig produziert wurden. Vergleichen lohnt sich!
"Die profitieren doch trotzdem davon!"
Oftmals liest oder hört man, dass die Arbeiter in armen Ländern trotz schlechter Bedingungen froh sein können: "würden wir ihre Waren nicht kaufen, hätten sie gar kein Einkommen." Nun, das ist natürlich eine stark vereinfachte und auch zynische Sicht der Dinge. Einfache Frage: würden Sie 7 Tage die Woche jeden (!) Tag 15-20 Stunden arbeiten wollen und dann trotzdem nur in einer kleinen Slum-Hütte leben können, nie genug Geld oder Essen auf dem Tisch haben? Vermutlich nicht. Das ist irgendwie "überleben" aber nicht "leben".Wenn Sie so nicht leben wollen, warum muten wir es Millionen anderen zu?
Podcasts ::: spannendes hören
- 08.04.2020: Dlf Audiothek | Grünstreifen | Studie - Warum die Modeindustrie der zweitgrößte Umweltverschmutzer ist
Fliegen, Autofahren, Fleisch essen - ist nicht das die größte Gefahr für die Umwelt? Ganz so einfach ist es tatsächlich nicht - 12.03.2020: Dlf Audiothek | Grünstreifen | Polyester-Kleidung - Beim Tragen wird Mikroplastik freigesetzt
Kunststoff in Kleidung setzt Mikroplastik frei - ein kaum beachteter Punkt
Upcycling von Kleidern, Schmuck und Accesoires - oder "aus Alt mach Neu"
Ein ganz anderes Konzept, die Umwelt zu entlasten, ist es, aus alten Kleidern etwas neues zu erzeugen. Statt auf dem Müll zu landen, werden alte Kleidungsstücke so geschickt und sinnvoll zu neuen umgearbeitet....Kleider mieten statt kaufen
- 24.04.2018: Spiegel Online - Tchibo erweitert Mietservice für Kinderkleidung
Baby- und Kinderkleidung mieten statt kaufen - seit drei Monaten ist das bei Tchibo möglich. Wegen hoher Nachfrage erweitert das Unternehmen nun das Angebot. - 23.01.2018: Spiegel Online - Tchibo-Share: Warum der Kaffeeröster jetzt Babykleidung verleiht
Leihen, verleihen, leihen, verleihen: Airbnb macht es vor, Konzerne wie Tchibo ziehen nach. Warum ist die Sharing Economy so erfolgreich? Und ist sie wirklich ein Signal für mehr Nachhaltigkeit?
Umweltfreundliche Stoffe
- 20.04.2020: Spiegel Online - Nachhaltige Mode: Sustainable Fashion und die Suche nach umweltfreundlichen Stoffen - DER SPIEGEL
Röcke aus Ananas, Schuhe aus Zuckerrohr, Jacken aus Kaffeesatz: Modemarken versuchen, mithilfe natürlicher Ressourcen die Materialrevolution voranzutreiben. Wenn nur all das Plastik nicht wäre.
Problem: Einsatz schädlicher Chemikalien in Kleidungsstücken
- 16.06.2013: Spiegel Online - natur: Outdoorkleidung mit schädlicher Chemie - DER SPIEGEL
Outdoor-Mode soll jedes Wetter aushalten und obendrein atmungsaktiv sein. Doch das ist ohne schädliche Chemie kaum zu machen - eine Zwickmühle für Hersteller und Verbraucher.
Problem: Fast fashion
- 22.05.2023: Spiegel Online - Nachhaltigkeit: EU verbietet Vernichtung fabrikneuer Textilien - DER SPIEGEL
Tonnenweise Textilien und Schuhe werden jedes Jahr geschreddert, ohne je getragen worden zu sein. Die EU will diese Verschwendung nun mit einer neuen Richtlinie stoppen.
Schaut mal rein....
Lesenswertes....
- 13.04.2024: Mode und Umwelt: Zara, H&M und die Abholzung in Brasilien - DW
Bekannte Marken wie H&M und Zara verkaufen Textilien mit Ökosiegel. Das kann täuschen: Baumwolle aus Brasilien steht für Umweltzerstörung und Menschenrechtsverletzungen, wie eine Studie belegt. - 11.03.2024: Faire Mode oder Greenwashing? Was Öko-Siegel auf Kleidung bedeuten | Rheinische Post
Während Frankreich über eine Öko-Gebühr debattiert, setzt Deutschland auf dutzende Siegel. Sie sollen nachhaltige Mode kennzeichnen - doch nicht alle tun das auch. - 24.04.2023: Wie die Atacama-Wüste zum Fast Fashion-Friedhof wurde | National Geographic
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Teure Müslimode war gestern! Faire und ökologische Kleidung ist längst zeitgemäß und erschwinglich. Alex Bohn stellt die besten Bio-Labels und Online-Händler vor. - 26.09.2012: Die Modelüge - wie deutsche Firmen produzieren lassen
- 28.11.2012: Textilindustrie: Der hohe Preis der billigen Klamotten | Nachrichten | BR.de
Wenn in Bangladesch und Pakistan Fabriken brennen, ist das hierzulande eher keine Schlagzeile. Es sei denn, sie produzieren für Firmen wie KiK und C&A. Das meiste, was wir tragen, wird in Schwellenländern produziert - unter fragwürdigen Bedingungen.
Herkunftsländer mit fragwürdigen Arbeitsbedingungen
Bangladesh
- 11.05.2020: Spiegel Online - Covid-19 lässt Globalisierung stocken: Eine Million Näherinnen in Bangladesch arbeitslos - DER SPIEGEL
Eine Million Näherinnen in Bangladesch verloren ihre Jobs, seit in Europa die Läden schließen mussten. Jetzt wollen sie wieder produzieren. Die Arbeiterinnen haben die Wahl: zwischen Verhungern und Infektionsrisiko. - 01.12.2019: Spiegel Online - Bangladesch: Eid-Fest - Textilarbeiter fahren zu ihren Familien
In Bangladeschs Städten nähen Frauen wie Tasnia Begum Kleidung für den Westen. An wenigen Tagen im Jahr fährt sie in ihr Heimatdorf - es ist die einzige Zeit, in der sie ihr Kind sieht. - 24.4.2014: Preisdruck auf Textilfabriken in Bangladesch: Wenn das T-Shirt 35 Cent teurer wäre... | tagesschau.de
6,95 Euro kostet ein T-Shirt aus der Fabrik Denier in Deutschland. Würde es 7,30 Euro kosten, wäre vielen in Bangladesch geholfen. Nach der Rana-Plaza-Katastrophe sind Fabriken dort zwar sicherer geworden, doch die Kunden im Westen wollen dafür nicht zahlen. - 25.04.2013: Spiegel Online - Bangladesch: Wie es trotz Warnzeichen zum Fabrikeinsturz kam
Am Tag nach dem Einsturz eines Fabrikgebäudes in Bangladesch offenbart sich das Grauen. Noch immer hört man Schreie unter den Trümmern, es soll mehr als 1500 Verschüttete geben. Arbeiter entdeckten schon am Vortag des Unglücks Risse im Gebäude - und wurden dennoch ins Verderben geschickt. - 29.11.2012: Zeit Online - Schnäppchenjäger: Macht am Wühltisch | ZEIT ONLINE
Der deutsche Konsument hat es gern preiswert - die Arbeiter in Bangladesch bezahlen dafür. - 27.11.2012: Spiegel Online - Bangladesch: Feuer in Textilfabrik stellt Sozial-Zertifikate in Frage
Bangladesch trauert an diesem Dienstag um 110 Textilarbeiter, die bei einem Fabrikfeuer starben. Der Fall zeigt, wie katastrophal die Arbeitsbedingungen in den Nähereien sind - und wie sich westliche Auftraggeber mit fragwürdigen Zertifikaten ein gutes Gewissen kaufen. - 26.11.2012: Zeit Online - Brand in Textilfabrik: Tödliche Kleidung | ZEIT ONLINE
Der Fabrikbrand von Bangladesch deckt eine Lebenslüge der reichen Welt auf: Billig und fair zugleich lässt sich Kleidung nicht produzieren.
China
- 24.04.2014: Spiegel Online - Adidas Produktion in China: Aufträge aus bestreikter Fabrik abgezogen
Adidas entzieht einer Schuhfabrik in China die Aufträge. Zehntausende Mitarbeiter streiken dort seit mehr als einer Woche für soziale Leistungen. Der Sportartikelhersteller will mit diesem Schritt Auswirkungen auf die eigenen Geschäfte begrenzen. - Der Preis der Blue-Jeans - über die Arbeitsbedingungen von Jeans-Produzenten in China
NDR - 45-Minuten / 05.03.2012
Großbritannien
Die Probleme der Textilindustrie erscheinen oft weit weg, aber auch mitten in Europa gibt es Probleme und Schwierigkeiten, wie man am Beispiel Großbritannien sieht....- 08.07.2020: Textilfabriken in Leicester : Hotspot im Sweatshop | Zeit online
In Leicester, Zentrum der britischen Textilindustrie, wurde im Lockdown einfach weiterproduziert - ohne Rücksicht auf Corona. Die Ausbeutung für billige Mode hat System.
Kambodscha
- 03.01.2014: Spiegel Online - Kambodscha: Mehrere Tote bei Demo von Textilarbeitern
Bei Protesten von Textilarbeitern in Kambodscha hat es Tote gegeben. Militärpolizisten feuerten laut Augenzeugen auf die Demonstranten, mindestens drei Menschen starben. Die Arbeiter fordern einen Mindestlohn von 116 Euro im Monat.
Myanmar
- 09.03.2017: Spiegel Online - Myanmar: Gewaltsame Proteste gegen Arbeitsbedingungen
Der Mindestlohn liegt in Myanmar bei 2,50 Euro - pro Tag. Und die Arbeitsbedingungen sind miserabel. In der Großstadt Rangun ist es deshalb jetzt zu schweren Protesten gekommen. - 06.02.2017: Spiegel Online - H&M, Primark, Takko: Studie wirft Modeketten Kinderarbeit in Burma vor
Textilkonzerne wie H&M und Takko nutzen das vom Militär kontrollierte Burma als Billigwerkbank. In den Fabriken arbeiten 14-Jährige, selbst der Mindestlohn von 2,48 Euro pro Tag wird oft nicht gezahlt. - 17.12.2015: Zeit Online - Textilindustrie: Myanmar wird das neue Bangladesch | ZEIT ONLINE
Viele Textilhersteller verließen seit dem Rana-Plaza-Unglück Bangladesch, nicht wenige davon gingen nach Myanmar. Die prekären Arbeitsbedingungen haben sie mitgenommen.
Pakistan
- 18.09.2012: Zeit Online - Pakistan: Billig-Textilhändler kik produzierte am Ort der Karachi-Katastrophe | ZEIT ONLINE
Verriegelte Notausgänge, Gitterfenster - Hunderte starben vergangene Woche in einer schlecht gesicherten Fabrik in Karachi. Auch kik ließ dort Kleidung herstellen.
Türkei
- 25.10.2016: Zeit Online - Türkei: Flüchtlingskinder nähen Kleidung für europäische Modemarken | ZEIT ONLINE
In türkischen Textilfabriken werden syrische Kinder ausgebeutet, zeigt eine BBC-Recherche. Unter anderem arbeiten demnach Flüchtlinge illegal für Zara und Mango.